Die ersten Strahlen der Morgensonne brachen durch das Fenster von Vronis Zimmer, tauchten die Holzwände in ein warmes, goldenes Licht und ließen den frischen Duft von Heu und Blumen die Luft erfüllen. Vroni, die Tochter des Bauern Riedlinger, saß auf ihrem kleinen Fensterbänklein, die Beine über der Kante baumelnd. Unten im Tal lag der Hof gut versteckt zwischen den sanften Hügeln und den schroffen Zacken der Alpen, die ihr zu jeder Zeit den Atem raubten. Hier, in dieser unberührten Natur, hatte sie ihre Kindheit verbracht und die ersten Träume des Herzens gehegt. Ein Traum jedoch brannte heller als alle anderen: der Traum von Thomas Großhuber. Thomas war kein gewöhnlicher Bursche. Er arbeitete für die Bergwacht, ein Leben voller Abenteuer und Verantwortung, stets umgeben von der majestätischen Kulisse der Berge. Er war stark und gleichzeitig einfühlsam, und wenn er lachte, schien die Welt um ihn herum in ein warmes Licht getaucht zu werden. Vroni hatte ihn seit ihrer Kindheit gekannt, doch erst in den letzten Jahren hatte sich ihre Freundschaft in etwas ganz Besonderes verwandelt - in die zarte Pracht der ersten Liebe. "Vroni!", rief ihr Vater von unten. Der erdige Klang seiner Stimme hallte durch das Holz des alten Hauses. "Komm schnell, wir müssen die Kühe füttern!"